eZigarette – Diacetyl – Popcorn-Lunge. Diese drei Stichworte scheinen schon auszureichen, um daraus eine Horror-Geschichte zu konstruieren. An deren Ende steht die eZigarette als höchst gefährliches Produkt, von dessen Gebrauch dringend abzuraten ist. Denn eines scheint ganz sicher: „Von E-Zigaretten kriegt man eine Popcorn-Lunge.“ (BILD 11.12.2015)
Das meinen einige Beobachter aus einer jüngst veröffentlichten Studie der Harvard School of Public Health herausgelesen zu haben. So eindeutig, dass der von den Autoren der Studie verwendete durchgehende Konjunktiv einfach übergangen wird. Von „giftig“ bis „extrem gesundheitsgefährdend“ reicht nun die Terminologie. Die Folgen dieser Falschmeldungen könnten fatal sein, wenn eine Vielzahl der eZigarettennutzer dadurch wieder zurück zur Tabakzigarette getrieben würde. Denn dass die Meldungen falsch sind, werden wir im weiteren Verlauf zeigen.
Wir möchten an dieser Stelle ganz deutlich darauf hinweisen, dass Diacetyl nichts in eZigarettenliquids zu suchen hat. Auch in geringen Mengen nicht. Die meisten Hersteller von Liquids in Europa verzichten auf die Verwendung von Diacetyl. Die untersuchten Liquids in der Havard-Studie werden ausschließlich auf dem US-Markt angeboten.
Doch auch bei den gefundenen Mengen muss eine Relation hergestellt werden. Und zwar zur Diacetyl-Emission einer Tabakzigarette. Denn 99 Prozent der eZigarettenkonsumenten sind ehemalige Tabakraucher, die mit der eZigarette bis zu 95 Prozent weniger Schadstoffe konsumieren als mit der Tabakzigarette.
eZigarette: 750mal weniger Diacetyl als Tabakzigarette
In einer Analyse der Harvard-Studie kommt Prof. Michael Siegel von der Boston University of Health zu einem differenzierten Ergebnis. Die Menge an Diacetyl, die bei einigen Aromaliquids in der US-Studie gefunden wurde, ist bis zu 750mal geringer als die Menge an Diacetyl, die durch Tabakverbrennung entsteht.
Siegel kritisiert den fehlenden Vergleich zur Tabakzigarette in der Harvard-Studie: „And it is especially disingenuous and damaging to send these messages to the public without telling us that smoking produces exposure to diacetyl that is on average about 750 times higher than vaping.“
Link zur Analyse
Auch der renommierte Kardiologe Dr. Konstantinos Farsalinos kritisiert den fehlenden Hinweis in der Studie, dass Tabakraucher viel größere Mengen an Diacetyl inhalieren als eZigarettennutzer. Durch die Studie werde der Eindruck erzeugt, dass eine neue und ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der eZigarettennutzer gefunden wurde. Dies ist aus den genannten Gründen falsch.
Zitat: „Additionally, the authors FAILED to mention the presence of these compounds in tobacco cigarette smoke. This omission creates the impression that e-cigarettes are exposing users to a new chemical hazard, while in reality their exposure will be much lower compared to smoking.“ Link
Erkrankung an Popcorn-Lunge nicht zu befürchten
eZigarettenkonsumenten sind nahezu ausschließlich Umsteiger von der Tabakzigarette. Selbst bei den Liquids, in denen Diacetyl nachgewiesen wurde, ist die Menge im Vergleich zum Tabak so viel geringer, dass eine Erkrankung an bronchiolitis obliterans (Popcorn-Lunge) für die eZigarettennutzer so gut wie ausgeschlossen ist. Für europäische Nutzer gibt es noch weniger Grund zur Sorge, da die weit überwiegende Zahl der europäischen Hersteller bei der Produktion der Liquids kein Diacetyl oder verwandte Stoffe verwendet.
Im Zusammenhang mit Tabakkonsum existiert eine lange Liste von ernsthaften möglichen Erkrankungen. Trotz der wesentlich höheren Menge an Diacetyl zählt jedoch sogar beim Tabak die „Popcorn-Lunge“ nicht dazu.
Link zu einer übersichtlichen deutschsprachigen Zusammenfassung der Harvard-Studie