Gemeinsames Positionspapier von Unternehmen und Verbänden zu Menthol in E-Zigaretten
Seit Frühjahr 2024 prüft das BMEL erneut ein Mentholverbot für E-Zigaretten. Um ein solches Verbot nach §13 (2) TabakerzG über den Verordnungsweg umzusetzen, müssten absehbare Gesundheitsschäden durch die Verwendung von Menthol in Liquids belegt werden. Der VdeH betont, dass die wissenschaftlichen und juristischen Voraussetzungen für ein Mentholverbot unzureichend sind. Dies wurde am 26. Juni 2024 auf einer Veranstaltung der dfv-Mediengruppe von mehreren Experten bestätigt. Zudem kritisieren wir die mangelnde Transparenz im Rechtssetzungsverfahren scharf und hoffen auf eine konstruktive Einbindung aller Stakeholder. Die Bewertungen und Analysen der Verbände wurden nun als Grundlage für künftige Gespräche in einem Positionspapier zusammengefasst und veröffentlicht.
Ein Mentholverbot in E-Zigaretten wäre aus verbraucherschutzpolitischer Perspektive nicht nachvollziehbar Menthol ist ein weit verbreiteter Aroma- und Inhaltsstoff, der u.a. in Lebensmitteln, Arzneimitteln und elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) verwendet wird. In E-Zigaretten spielt Menthol eine entscheidende Rolle dabei, dass Raucher von herkömmlichen Tabakprodukten auf die schadensreduzierte E-Zigarette umsteigen. Menthol wird in niedrigen, mittleren und hohen Konzentrationen eingesetzt und ist als Bestandteil der unterschiedlichsten Rezepturen in bis zu achtzig Prozent der Produkte enthalten. Auch E-Zigarette mit Tabakgeschmack können Menthol enthalten. Die Aufnahme von Menthol in Anlage 2 der Tabakerzeugnisverordnung als verbotener Inhaltsstoff in E-Zigaretten ist aus gesundheits- und verbraucherschutzpolitischer Perspektive nicht nachvollziehbar:
- Die Verwendung von Menthol in E-Zigaretten birgt kein Risiko für die menschliche Gesundheit, das ein Verbot rechtfertigen könnte.
- Menthol in E-Zigaretten führt nicht zu einer erhöhten Nikotinaufnahme beim Dampfen und steigert nicht das Suchtpotenzial der Produkte.
- Mit einem spezifischen Verbot von Menthol für E-Zigaretten würde die Bundesrepublik innerhalb der Europäischen Union einen Sonderweg beschreiten, dadurch legale Hersteller und Handel in Deutschland erheblich beeinträchtigen und letztlich das Schutzniveau für Verbraucher absenken.
- Ein Mentholverbot fördert die Verbreitung von irregulären Produkten die potenzielle Gesundheitsrisiken bergen können. Ein Mentholverbot für E-Zigaretten lehnen wir, die Verbände und Unternehmen der deutschen E-Zigaretten-Branche, deswegen als ungerechtfertigt ab und warnen vor diesem nationalen Alleingang.
Nachfolgend eine ausführliche Darstellung der oben aufgeführten Punkte:
1. Menthol in E-Zigaretten-Liquids ohne Risiko für menschliche Gesundheit
Für Menthol bestätigte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 2019 eine zulässige tägliche Aufnahme (ADI, acceptable daily intake) von 4 mg Menthol pro Kilogramm Körpergewicht. Für einen 70 kg schweren Erwachsenen beträgt die gesundheitlich unbedenkliche Gesamtaufnahme entsprechend bis zu 280 mg Menthol pro Tag. Diese Dosis wird selbst bei lebenslanger Anwendung gesundheitlich als unbedenklich betrachtet. In Tierversuchen traten schädliche systemische Wirkungen erst bei einer mehr als 100-fachen Überschreitung der ADI auf. (1)
Mit dem Konsum von 2 ml E-Zigaretten-Liquid (entspricht dem Tankvolumen einer handelsüblichen E-Zigarette mit Pod-System) schöpft ein Konsument die ADI selbst bei hohen Dosierungen (3,5 % Menthol/ml) nur zu etwa 30 Prozent aus. Zum Vergleich: Die dabei aufgenommene Menge an Menthol entspricht dem Konsum von ca. 15 Hustenbonbons oder Minzkaugummis (2) und birgt keine Gesundheitsrisiken für Konsumenten.
In E-Zigaretten-Liquids ohne ausgeprägten Minzaroma ist wiederum der Mentholgehalt um ein Vielfaches geringer – und entsprechend auch die Exposition der Verbraucher.
Trotz jahrzehntelanger Erfahrung bei der Verwendung von Menthol in medizinischen Inhalationsprodukten sind keine klinischen Belege für Verbindungen zu Atemwegserkrankungen bekannt.
Die Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu Aromen in E-Zigaretten (043/2021 v. 28. Dezember 2021) (3) enthält insbesondere in Hinblick auf die vermeintliche Rolle von Menthol bei toxischen Effekten im Organismus sowie bei der Entstehung respiratorischer Erkrankungen schwerwiegende Fehler und entspricht nicht den wissenschaftlichen Standards. Zentrale Aussagen wurden nicht oder nur durch Literaturstellen ohne Aussagekraft belegt. Dem zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und dem BfR wurden zu den einzelnen Kritikpunkten detaillierte Bewertungen der Verbände und ein Gutachten von Professor Bernd Mayer (Universität Graz) übermittelt. (4) Eine inhaltlicher Austausch zu der Kritik fand bisher nicht statt.
2. Keine Inhalationserleichterung oder Erhöhung der Nikotinaufnahme durch Menthol in E-Zigaretten-Liquids
Im Gegensatz zu Tabak haben E-Zigaretten keinen relevanten Eigengeschmack und benötigen Aromen, um als potenziell risikoreduzierte Alternativen von Raucher angenommen zu werden. Menthol findet hierbei sowohl in E-Zigaretten-Liquids mit Minzaroma als auch in geringer Dosierung in zahlreichen weiteren Geschmacksvarianten Verwendung.
Beim Dampfen von E-Zigaretten entstehen jedoch keine atemwegsreizenden oder hustenauslösenden Verbrennungsprodukte, deren Wirkungen vermeintlich durch Zusatzstoffe überlagert werden müssten. Das BfR bewertete 2015 die Relevanz einer durch Menthol erleichterten Inhalation beim Dampfen als sehr gering. (5)
Klinische Studien ergaben keine Belege, dass Menthol die Nikotinaufnahme erhöht. (6) Im Gegenteil: das Gutachten von Prof. Mayer (Universität Graz) kommt zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von Menthol die Reduktion der erforderlichen Nikotinkonzentration in Liquids ermöglicht. (7)
3. Menthol-Verbot: deutscher Sonderweg zu Lasten von Herstellern, Handel und Verbrauchern
Ein spezifisches Verbot von Menthol wurde in keinem Mitgliedsstaat der EU einführt. In der großen Mehrheit der EU-Staaten wird die Geschmacksvielfalt bei E-Zigaretten-Liquids nicht eingeschränkt.
Für Hersteller, Handel und Konsumenten in Deutschland hätte dieser Sonderweg gravierende Auswirkungen. Bis zu 80 Prozent der am Markt verfügbaren E-Zigaretten-Liquids wären nicht länger verkehrsfähig und könnten nicht mehr legal gehandelt werden.
Die Rezepturen der meisten anderen Produkte müssten geändert und vollständig mentholfreie Liquids speziell für den deutschen Markt hergestellt werden. Anstelle des Gütesiegels „Made in Germany“ träte die Kennzeichnung „Made for Germany“: Höhere Preise und eine geringere Produktauswahl wären in Verbindung mit geschmacklichen Veränderungen der angepassten E-Zigaretten Liquids die Folge für Konsumenten in Deutschland.
In Summe drohen erhebliche Marktverwerfungen, da die Nachfrage nach mentholhaltigen E-Zigaretten-Liquids verstärkt über ausländische online Händler – auch von Grau- und Schwarzmärkten – bedient würde. Leidtragender wäre nicht nur der legale E-Zigaretten-Handel in Deutschland. Auch das Schutzniveau für die Verbraucher sänke, da die importierten Liquids nicht deutschen Vorschriften und Standards unterliegen.
Dieser deutsche Alleingang wäre auch aus EU-Perspektive nicht nachvollziehbar: Gegenwärtig bereitet die EU-Kommission die Überarbeitung der Tabakprodukt Richtlinie vor. Hier wird die weitere Harmonisierung der Inhaltsstoffregulierung für E-Zigaretten auf der Agenda stehen. Anstatt durch ein nationales Mentholverbot den freien Warenverkehr in der EU unnötig einzuschränken, sollte sich die Bundesregierung in Brüssel für einheitliche Vorschriften im Binnenmarkt zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus und eines level playing fields für Hersteller und Handel einsetzen.
Quellen:
(1) WHO (2019) Evaluation of certain food additives: eighty sixth report of the Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives. WHO Technical Report Series, No. 1014, S.107-115.
https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/279832/9789241210232-eng.pdf
(2) Hustenbonbon: Grundlage der Berechnung ist ein Produkt mit folgenden Herstellerangaben: 20 einzeln gewickelte Bonbons, Gesamtgewicht 46 g, Mentholgehalt 0,2% entspricht 4,6 mg Menthol pro Bonbon. Kaugummi: Grundlage der Berechnung sind die Referenzwerte in Tabelle 2 (Ligor & Buszewski, 1999. J Chromatogr A 847:161-169.) für Pfefferminzkaugummis (0,387% w/w). Für einen 1,5 g Kaugummi (hypothetisch) beträgt der Mentholgehalt etwa 5,8 mg pro Stück.
(3) BfR: Gesundheitliche Risiken durch Aromen in E-Zigaretten: Es besteht Forschungsbedarf Stellungnahme Nr.043/2021 des BfR vom 28. Dezember 2021
https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche-risiken-durch-aromen-in-e-zigaretten-es-besteht-forschungsbedarf.pdf
(4) https://www.bvte.de/de/presse/pressemitteilung/aromenregulierung-in-e-zigaretten-erfordert-eine-sachgerechte-wissenschaftliche-bewertung.html; https://www.tabakfreiergenuss.org/gutachten-zur-bedeutung-von-menthol-in-e-zigaretten; https://www.tabakfreiergenuss.org/wp-content/uploads/2022/02/Gutachten-Mentholverbot_30_01_2022.pdf
(5) https://bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche-bewertung-von-zusatzstoffen-fuer-tabakerzeugnisse-und-elektronische-zigaretten.pdf
(6) Jackson A, Green B, Erythropel HC, Kong G, Cavallo DA, Eid T et al. (2023). Influence of menthol and green apple e-liquids containing different nicotine concentrations among youth e-cigarette users. Exp Clin Psychopharmacol. 2021;29(4):355–65; WHO (2023) WHO study group on tobacco product regulation. Report on the scientific basis of tobacco product regulation: ninth report of a WHO study group. WHO Technical Report Series, No. 1047, S.13-14, https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/372463/9789240079410-eng.pdf?sequence=1
(7) https://www.tabakfreiergenuss.org/gutachten-zur-bedeutung-von-menthol-in-e-zigaretten
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